Amine und Humagne wurden uns nicht durch die Römer gebracht
Es gibt viele Legenden über die Herkunft der Walliser Weine. Diese besagen oft, dass die uralten Sorten durch römische Garnisonen eingeführt worden seien. Man muss jedoch wissen, dass die römischen Autoren nicht den gleichen Begriff von Rebsorten hatten wie wir derzeitig. Unter einer gleichen Bezeichnung betrachteten sie ganze Pflanzengruppen, die heute verschiedenen Rebsorten entsprechen.
Diese Sorten wurden vermischt angepflanzt und haben dadurch sicher auch mancherlei Kreuzungen erfahren. Es brauchte viele Generationen, um zu den heute bekannten modernen Rebsorten zu gelangen. Darum ist es nicht möglich, die botanische Identität der Gewächse der römischen Autoren mit unseren aktuellen Rebsorten zu vergleichen.
Geistermanuskripte
Amigne wird als "Vinum Amenum" betrachtet, aufgrund einer römischen Erwähnung, die in mittelalterlichen Schriften in Sitten zu finden sei. Ampelografen und Historiker haben jedoch nirgends eine Spur dieser Schriften gefunden. Für die römischen Autoren vereint der Ausdruck "Vitis Aminea" mindestens sechs verschiedene Sorten. Es ist somit unmöglich, den Amigne mit einer bestimmten Rebsorte aus der Römerzeit zu verknüpfen. Er könnte höchstens etymologisch von "Vitis Aminea?oe abstammen. Gespensterhaft ist auch die Vergangenheit des Humagne. Der "Vinum humanum" soll in Schriften ab dem 12. Jahrhundert vorkommen. Bis heute ist die Existenz solcher Manuskripte jedoch nicht bewiesen und kein einziger römischer Autor hat jemals den "Vinum humanum" erwähnt. Die Annahme einer Einführung durch die Römer entbehrt daher jeglicher Grundlage. Nur gerade der Resi (Rèze) könnte ein entfernter Nachkomme der uralten Raetica sein, einer weissen Rebsorte, die zur Römerzeit in Norditalien verbreitet war.
Quelle: Histoire de la Vigne et du Vin en Valais, «Encépagement du Valais entre l'époque romaine et le XIXe siècle» von José Vouillamoz, Genetiker und Ampelograf.